Neben verschiedenen anderen globalen Herausforderungen haben wir in Südwestfalen momentan noch viele weitere sehr eigene Baustellen. Auch wenn das alles auch irgendwie zusammenhängt: Unser Wald leidet unter der zunehmenden Trockenheit, speziell die Fichten unter dem Borkenkäfer, die Wirtschaft und auch die Kulturarbeit ächzen gerade unter den Folgen der gesperrten Brücke auf der A 45. Heißt: Lunge defekt und Hauptschlagader gekappt. Vielleicht ein Warnhinweis dafür, dass wir nicht mehr so weitermachen können wir bisher! Umdenken in Richtung: weniger ist mehr ist eine unserer Zukunftsaufgaben.
Die Kulturregion Südwestfalen wird gebildet von der kreisfreien Stadt Hagen, dem Märkischen Kreis sowie den Kreisen Olpe und Siegen-Wittgenstein. Die benachbarten Kulturregionen sind das Bergische Land und die Rheinschiene, die Kulturregionen Hellweg, Sauerland und Ruhrgebiet. Die Stadt Hagen liegt sowohl in der Kulturregion Ruhrgebiet als auch in der Kulturregion Südwestfalen. Der südliche Kreis Siegen-Wittgenstein ist auch als Dreiländereck bekannt, da hier die drei Bundesländer Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen aufeinander stoßen.
Das Motto des Jubiläumsfestaktes 25 Jahre Regionales Kultur Programm NRW am 21.10.2022 im Historischen Bürgerhaus Velbert-Langenberg stand unter dem Motto Zusammen nach vorn. Diesem Motto folgen auch zehn ausgewählte Poetry-Slammerinnen und – slammer aus zehn verschiedenen Städten der einzelnen Kulturregionen. Die zehn jungen Menschen beschrieben wortgewaltig und gefühlvoll ihre eigene Region als individuelle Wohnung mit eigenem Charme im gemeinsamen Haus Nordrhein-Westfalen. In dem Beitrag über die Kulturregion Südwestfalen lässt die gebürtige Plettenbergerin Luise Wolf die Zuhörer:innen einen Blick in ihre Wohnung, die Kulturregion Südwestfalen, „80 km groß, so von Siegen bis Hagen“ mit „Balken, die sie krass zusammenhalten“ werfen. Hören Sie doch mal rein, wie es sich anfühlt, in Südwestfalen zu leben. Nicht alles ist schön und gut, aber vieles. Auf jeden Fall ist die Region eines: nicht zu fassen...
Seit alters her ist der Raum entlang der Autobahn 45 eine industriell geprägte Region der Arbeit - das hat geprägt und prägt noch heute den Lebensrhythmus und die Mentalität der Menschen. Südwestfalen ist eine der stärksten Wirtschaftsregionen Deutschlands und eine der ältesten Industrieregionen Mitteleuropas, aber auch zugleich die waldreichste Region in NRW: stellenweise beträgt die Waldfläche bis zu 75 %. Die Menschen haben mit ihrem wirtschaftlichen Treiben eine historische Kulturlandschaft geformt, die voller typischer und untypischer Orte, voller Geschichten, Projektionsflächen und Aktionsräumen ist. Die Pflege und der Erhalt der historischen (Industrie-) Kulturlandschaft spielt hier eine ebenso große Rolle wie technischer Fortschritt und Innovationen.
Zwischen Bergen und Tälern: Südwestfalen ist weder wirklich städtischer noch wirklich ländlicher Raum. In der Kulturregion Südwestfalen sind quirlige städtische Räume eingebettet in ein ruhiges, aber keineswegs langweiliges grünes Umland. Sogar die beiden Großstädte Hagen und Siegen sind irgendwie überschaubar und vor allem sehr grün. Die Region bietet einen idealen Rückzugsort für Menschen der nahegelegenen Metropole Rhein-Ruhr. Wer aber ländliche Beschaulichkeit sucht ist hier falsch. In den Tälern und Bergen des Mittelgebirges herrscht reges Treiben: neben der hohen Beschäftigungs- und niedrigen Arbeitslosenquote finden die Menschen Zeit für ein hohes Maß an freiwilligen Engagement.
Südwestfalen bietet noch viele Freiräume für die Entwicklung kreativer Ideen, Nischen zur Besetzung mit kulturellen Themen und immer wieder Platz für Neues. Kultur „selbst zu machen“ als auch Kultur zu genießen - beides beinhaltet immer eine persönliche sowie individuelle Begegnung und Auseinandersetzung mit der Umwelt und den Mitmenschen. Viele Menschen in der Region setzen daher ihre persönlichen Ressourcen wie freie Zeit, Know-how, Kreativität und bisweilen auch Muskelkraft dafür ein, damit die Region noch lebens- und liebenswerter wird. Sie sind Kulturengagierte, Kulturunternehmende, Kulturantreibende. Daher steht die Unterstützung der kulturschaffenden Menschen in der Kulturregion Südwestfalen im Vordergrund.
Die Region ist multikulturell geprägt, allerdings schwankt der Anteil der Bevölkerung mit sog. Migrationshintergrund je nach Teilregionen zwischen 32 und 19 %. Bisweilen spielt es aber eine größere Rolle, ob man im Sieger- oder Sauerland sozialisiert ist, denn die „Benrather Linie“ trennt die Region in das Niederdeutsche im Sauer- und dem Westmitteldeutschen im Siegerland. Zwar ist der Unterschied nicht mehr so prägend, sorgt aber immer noch gerne für Gesprächsstoff. Ebenso sind die Unterschiede zwischen den katholischen und protestantisch-calvinistischen Teilregionen immer eine – oftmals augenzwinkernde - Diskussion wert. Abgesehen davon, haben inzwischen unzählige Glaubensgemeinschaften hier ihren Platz und ihr Zuhause gefunden.
Auf dem einen Berg regnet es und einen Ortsteil weiter jenseits der nächsten Wetterscheide scheint die Sonne.
Anderorts zieht sich die erwähnte Sprachgrenze oder die Grenze zwischen dem protestantischen Siegerland und dem katholischen Sauerland. Oder historische Grenzen zwischen dem nassauischen, kulturkölnischen und märkischen Herrschaftsgebiet. Grenzsteine gibt es hier reichlich und Schnadegänge werden gerne begossen.
Das Verhandeln und Agieren zwischen diesen vielen gegensätzlichen Polen - das macht die Kulturarbeit in der Kulturregion Südwestfalen aus, macht sie spannend und sorgt für Reibung. Und Reibung sorgt für Wärme – die braucht man bisweilen im manchmal etwas kälteren und regnerischen Mittelgebirge.
Industriekultur in Südwestfalen wird nicht nur dargestellt und ausgestellt, sondern auch gelebt. WasserEisenLand e. V. vereint die Geschichte und die Standorte.
Jede Region hat eine einmalige Geschichte und überall werden andere Geschichten erzählt. Wir sammeln diese Geschichten aus Südwestfalen auf einer eigenen Plattform.